Krankenhäuser sind in Ihrer Existenz gefährdet

Bei der Pressekonferenz im Münchner Presseclub präsentierten die BKG-Vorsitzende Landrätin Tamara Bischof sowie BKG-Geschäftsführer Roland Engehausen zusammen mit dem Geschäftsführer der Kliniken Dr. Erler Nürnberg, Markus Stark, die Ergebnisse aus der jährlichen Umfrage zum Bayerischen Krankenhaustrend. Darin werden neben der wirtschaftlichen Lage der bayerischen Krankenhäuser zudem eine Einschätzung der Klinik-Chefs zur Gesamtlage in den folgenden 2 bis 3 Jahren abgefragt.

Markus Stark, Geschäftsführer der Kliniken Dr. Erler gGmbH in Nürnberg

„Bayerns Krankenhauslandschaft ist gefährdet. Fehlender Inflationsausgleich der Betriebskosten, Fachkräftemangel und eine Verunsicherung durch die Bundespolitik treiben unsere Kliniken im ganzen Freistaat in eine dramatische Situation und gefährdet die Versorgung,“ so Landrätin Tamara Bischof, 1. Vorsitzende der Bayerischen Krankenhausgesellschaft (BKG) auf der heutigen Pressekonferenz im internationalen Presseclub in München.

Während 2021 etwa jedes zweite Krankenhaus in Bayern rote Zahlen schrieb und die Höhe der Defizite durch pandemiebedingte Ausgleichszahlungen einigermaßen in Grenzen gehalten werden konnte, mussten im letzten Jahr 71 % der Kliniken mit negativen Betriebsergebnissen abschließen. Die Befürchtungen aus dem letztjährigen Krankenhaustrend haben sich für 2022 noch verschlimmert. Und für 2023 rechnen sogar 89 % der Krankenhäuser mit zum Teil immensen Verlusten in Millionenhöhe.

„Die fest vom Bund versprochenen Finanzhilfen zum Ausgleich der horrenden Energiepreise und Inflationskosten kommen nicht bei den Krankenhäusern an“, so der Geschäftsführer der Kliniken Dr. Erler Nürnberg, Markus Stark, der als 1. Vorsitzender des Verbandes der Privatkrankenanstalten in Bayern e. V. (VPKA) zugleich als Vertreter vieler Klinikverantwortlichen in ganz Bayern spricht. „Aus dem sogenannten Härtefallfonds wurden im vierten Quartal 22 nur weit unter 10 % der für diesen Zeitraum vorgesehenen Mittel an die Kliniken ausbezahlt aufgrund falscher Bezugsdaten und komplizierter Detailregelungen. Die Hilfsfondsgelder müssen schnellstmöglich wie versprochen vollständig in den Kliniken ankommen.“

Wegen des fehlenden Inflationsausgleiches und der Probleme mit dem Hilfsfonds des Bundes summieren sich derzeit die Defizite in nahezu allen Krankenhäusern. Bayernweit beträgt das Defizit bereits monatlich über 100 Millionen Euro.

„Auf vage Aussagen aus der Bundespolitik können wir uns nicht mehr verlassen. Wir haben kein Vertrauen mehr, weil blumigen Worten bisher nicht die passenden Taten folgen. Die Kliniken müssen verbindlich ihre Rechnungen bezahlen und ihre Beschäftigten auch entlohnen können,“ ergänzt BKG-Geschäftsführer Roland Engehausen in München.

„Im Ausblick auf den kommenden 2 bis 3 Jahre sehen drei von vier Klinikverantwortliche die künftige wirtschaftliche Gesamtsituation negativ. Leider haben sich die düsteren Aussichten der letzten Jahre nicht gelichtet, sondern sind sogar noch bedrohlicher geworden,“ beschreibt die BKG-Vorsitzende die Einschätzung der Praktiker.

Als größte Herausforderungen der nahen Zukunft sehen Bayerns Klinikmanager vor allem den Fachkräftemangel, die weiter steigenden Betriebskostendefizite, die permanente Unsicherheit durch politische Rahmenbedingungen sowie die ausufernde Bürokratie.

Die Verantwortlichen in den Krankenhäusern sind von der Notwendigkeit einer grundlegenden Krankenhausreform und Neuordnung der Klinikfinanzierung überzeugt. Das von der Regierungskommission vorgelegte Reformpapier würde aber keine Probleme lösen, sondern neue Versorgungsengpässe – insbesondere im ländlichen Raum – schaffen sowie die Aus- und Weiterbildung in den Kliniken gefährden. Der kalte Strukturwandel wird nicht gestoppt, sondern allenfalls durch einen technokratischen Strukturwandel nach einer starren bundesweiten Schablone ersetzt. „Die Krankenhäuser in Bayern fordern einen bedarfsgerechten Strukturwandel, der die regionale Versorgungssituation berücksichtigt“, betont Engehausen und ergänzt: „Wir hoffen auf deutliche Nachbesserungen in den laufenden Bund-Länder-Gesprächen.“

„Eine grundlegende Krankenhausreform darf kein Schnellschuss sein“, fordert die 1. Vorsitzende. Aus Sicht der BKG sollte vor einer Detailausarbeitung von Leveln, Leistungsgruppen und einer völlig neuen Finanzierung zunächst eine gemeinsame Basis zu den Zielen der Reform mit Einbindung der Praktiker gefunden werden. „Die enorme Komplexität wird derzeit von der Regierungskommission unterschätzt und die Auswirkungen der theoretischen Reformideen auf die Versorgungspraxis nicht ausreichend bedacht“, ergänzt Landrätin Bischof.

Die Krankenhäuser in Bayern richten ihre Forderungen im diesjährigen Bayerischen Krankenhaustrend aber nicht nur an die Bundespolitik, sondern auch an die Landespolitik. Ihre konkreten Forderungen an die Gesundheitspolitik im Freistaat sind neben einem Entbürokratisierungsprogramm die weitere Beschleunigung der Anerkennungsverfahren für Fachkräfte aus dem Ausland, eine Erhöhung der regulären Investitionsmittel im Freistaat auf 900 Mio. Euro jährlich sowie gezielte Förderprogramme für Nachhaltigkeitsmaßnahmen und ein breites Aktionsprogramm zur Fachkräftegewinnung im Krankenhaus- und Gesundheitswesen.

Hintergrund:
Bei der diesjährigen Schwerpunktabfrage ging es zudem um aktuelle Themen wie den sogenannten Hilfsfonds, die Betreibbarkeit von Klinikbetten aufgrund des zunehmenden Personalmangels, die größten Sorgen der Krankenhausverantwortlichen, die geplante Krankenhausreform und mögliche Klinikschließungen.
Befragt wurden die Krankenhaus-Leitungen aller bayerischer Krankenhäuser.

Die Aufzeichnung des Livestreams ist hier auf dem YouTube-Kanal des Münchner Presseclubs zu finden.